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BFV-Studie schließt Lücke bei der Aufarbeitung der Rolle des Fußballs im Nationalsozialismus und untersucht als erster Landesverband die föderale Ebene.
Pünktlich zu seinem Verbandstag am 22. November veröffentlicht der Berliner Fußball-Verband seine Studie zur „Geschichte des Berliner Fußballs in der NS-Zeit“. Das Buch mit dem Titel „Eine Stütze des Systems? Der Berliner Fußball im Nationalsozialismus“ erscheint im Arete Verlag, Hildesheim. Die von den erfahrenen Fußball-Historikern Daniel Küchenmeister und Thomas Schneider konzipierte und herausgegebene Publikation umfasst acht Einzelbeträge von Fachwissenschaftler:innen, die in den zurückliegenden zwei Jahren entstanden sind und verschiedene Aspekte des Themas beleuchten.
Die Studie ist in mindestens zweifachem Sinne ein Meilenstein bei der kritischen Aufarbeitung der Rolle des Sports, insbesondere des Fußballs im Nationalsozialismus. Zum einen gab zuvor kein anderer Landes- oder Regionalverband unter dem Dach des DFB ein inhaltlich sowie in der Entstehungsform vergleichbares Werk in Auftrag. Auf diese Weise stellte sich zuvor kein anderer föderaler Verband des deutschen Fußballs mit Blick in die Zukunft konsequent-kritisch seiner eigenen Vergangenheit.
Zum anderen schließt das Buch eine Lücke bei der Aufarbeitung der Rolle des Fußballs in der NS-Zeit und widmet sich der – für den Sport und den Sportbetrieb wesentlichen – föderalen Ebene der Landes- und Regionalverbände, die im Zuge der gesellschaftlichen Gleichschaltung durch die nationalsozialistische Diktatur nach ihrer De-facto-Selbstauflösung 1933 in die Struktur der Gaue überführt wurden. Auf dieser Ebene, die die Vereine sehr unmittelbar organisatorisch miteinander verband und sportpolitisch beeinflusste, wurden die politischen Vorgaben des Regimes um- und in den Vereinen durchgesetzt. Für die Festigung und das Funktionieren des NS-Sportsystems spielten sie eine bedeutende, bisher zu wenig berücksichtigte und dargestellte Rolle.
Zwei Hauptbeiträge untersuchen das sportpolitische Handeln des Verbandes und seiner Vereine nach dem 30. Januar 1933. Ein besonderer Schwerpunkt in den weiteren Hauptbeiträgen des Buches liegt auf dem Ausschluss der jüdischen Vereinsmitglieder und der Geschichte des jüdischen Fußballs in Berlin, die nach dem 9. November 1938 jäh endete. Zwei abschließende Einzelstudien widmen sich dem Sportplatz der Jüdischen Gemeinde im Grunewald sowie der wechselvollen Geschichte der heutigen Sportschule des Berliner Fußball-Verbandes am Kleinen Wannsee.
Das Buch versteht sich nicht ausschließlich als wissenschaftliche Abhandlung, sondern auch als Anregung und Fundus für die historisch-politische Bildung im Berliner Fußball-Verband und darüber hinaus. Der BFV hatte die Studie 2022 im Rahmen seiner Aktivitäten zum 125jährigen Bestehen in Auftrag gegeben. Mit der Umsetzung wurde der Verein Sport:Kultur e.V. betraut, die inhaltliche und konzeptionelle Projektleitung übernahmen Daniel Küchenmeister und Dr. Thomas Schneider.
Die Arbeit an der BFV-Studie zur „Geschichte des Berliner Fußballs in der NS-Zeit“ wurde ermöglicht durch eine Zuwendung der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin (DKLB). Die Publikation wurde gefördert durch die Kulturstiftung des Deutschen Fußball-Bundes sowie das Zentrum für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität.
Buch im Online-Shop des Arete Verlags
Pressefoto zur freien redaktionellen Verwendung (BFV-Präsident Bernd Schultz zusammen mit den Projektleitern Daniel Küchenmeister (links) und Thomas Schneider (rechts). Foto: BFV)
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